Artikel „In den Top Ten der Exklusiv-Marken. Mit Teppich-Kunst zum internationalen Erfolg: der Bochumer Jan Kath“ von Jens Greinke

15.04.2019 - 01.01.2020

Opening in der Galerie Reinhard Hauff: „CARPETBAGGERS“ mit Jan Kath, LELLO//ARNELL, Mark Pearson, Viron Erol Vert. In Zusammenarbeit mit KAMPE | 54 am Freitag, den 17. Mai 2019 von 19 - 22 Uhr

im Westfälischen Anzeiger, NRW am 15.04.2019

Die Produkte von Jan Kath aus Bochum sind international gefragt, liegen in Prominenten-Villen und arabischen Königshäusern. Das Label „Jan Kath“ gehört in Deutschland zu den Top-Ten der Exklusiv-Marken – neben Glashütte, Leica oder Porsche.

Bochum - Wenn Jan Kath durch die alte Industrieanlage in Bochum läuft, in der gerade rund 4000 Teppiche lagern, fühlt er sich erkennbar wohl. Es wäre kein Problem für ihn gewesen, das so genannte „Headquarter“ seiner Firma in Berlin-Mitte oder im hippen Kreuzberg zu verorten. Überhaupt keins. Doch das Herz seines kleinen, aber feinen Teppich-Imperiums schlägt in Bochum-Ehrenfeld, mitten in einem Wohngebiet, nebenan steht das Universitäts-Klinikum Bergmannsheil. „Ich bin ein Kind des Ruhrgebiets und genieße es, hier zu leben. Die Art und Weise, wie die Menschen hier miteinander umgehen, spricht mich total an. Ich bin eine direkte Haut“, sagt der 47-Jährige. Jan Kath hat die Bodenhaftung trotz seines märchenhaften Erfolges nicht verloren. Eine ziemlich passende Einstellung für jemanden, der Teppiche herstellt. Oder in seinem Fall: der Teppiche malt. Die Teppiche, die hier in den großen Hallen hängen, sind Gemälde aus tibetischer Hochlandwolle und sehr viel Seide. Manchmal scheint sie wie mit Goldfäden durchwirkt, mal ist der Flor unterschiedlich hoch, so dass sie eine pastöse Wirkung erzielen fast wie ein Bild von Vincent van Gogh. Eigentlich sind sie viel zu schade, um auf ihnen herumzulaufen. Dennoch sagt Kath auf die Frage, ob er seine Teppiche lieber an der Wand oder auf dem Fußboden sieht: „Auf dem Boden.“ Die Teppiche von Jan Kath haben fast immer zwei Ebenen. Sie sind oft eine Fusion aus Tradition und Moderne, bei der das klassische Teppichmuster von einem anderen Thema überlagert wird. „Im Design-Ansatz in unserem Team ist ganz klar erkennbar, dass wir aus dem Ruhrgebiet sind. Wir sind stark beeinflusst von den morbiden Erscheinungsbildern der Industriekultur. Es war die ursprüngliche Idee, den Orientteppich mit der Industriekultur und dem Verfall zu verbinden“, sagt Kath. Manche Teppiche sehen deshalb auf den ersten Blick aus, als seien sie durchgewetzt oder hätten farbige Flecken. Auf den zweiten Blick sind sie wunderschön. Und sehr edel. Mittlerweile gibt es gut 20 verschiedene Kollektionen, die Kath mit seinem Team entworfen hat. Sie heißen „Jungle“, „Heiter bis wolkig“ oder „Spacecrafted“, jede Kollektion behandelt ihr eigenes Thema. Ein großer Erfolg ist die Serie „Erased Heritage“. „Das sind Teppiche, die eine Fusion eingegangen sind zwischen ganz alten traditionellen Mutterstücken und der Moderne. Wir haben für diese traditionellen Teppiche eine zweite Ebene geschaffen, eine zweite Schablone. Wobei: Diese wird nicht im Nachgang aufgebracht, sondern ist Teil des ursprünglichen Produktionsvorgangs. Das ist ganz wichtig“, erzählt Kath. Der Werdegang des 47-Jährigen ist auch aus pädagogischer Sicht eine hoch spannende Geschichte. Eine Geschichte davon, wohin es führen kann, wenn die Eltern ihrem Sohn den maximalen Freiraum lassen. Wenn Kath an seine Jahre als Heranwachsender zurückdenkt, dann spricht er von einer „starken Sturm- und Drangperiode“. In die Fußstapfen seines Vaters, der einen angesehenen Teppichhandel in zweiter Generation führt, möchte er partout nicht treten. Und er ist konsequent. Er bricht die Lehre als Einzelhandelskaufmann ab und zieht in die Welt. „Ich hatte keinen Bock mehr darauf.“ Er reist als Backpacker nach Indien, nach Nepal und nach Tibet. „Mit einem sehr leichten und kleinen Rucksack“, wie er sagt. Mit möglichst wenig Ballast. In Indien tritt er unter anderem als Veranstalter von Techno-Partys auf. „Das war aber auch eine sehr anstrengende Zeit in jeglicher Hinsicht, muss ich heute sagen“, so Kath. Wenn er von seiner Zeit in Indien erzählt, klingt es ein wenig nach Bewusstseinserweiterung. Er reiste weiter nach Kathmandu, wo er auf der Straße zufällig einen ehemaligen Lieferanten seines Vaters traf. Wobei: Zufall? „Ich glaube, ehrlich gesagt, gar nicht so an Zufälle. Irgendwie war es Schicksal“, sagt Kath: „Der Lieferant hat mich dann zu einem echten Espresso eingeladen, der damals eine Rarität in Kathmandu war. Er hat mir seine Geschichte erzählt und dabei kam heraus, dass er, nun ja, nach einem Nachfolger suchte. Er wollte nicht weiter in Nepal leben, ich wiederum wollte noch nicht zurück nach Europa.“ So habe sich „die Sache“ schließlich ergeben, 1996 übernahm Jan Kath die Werkstatt in Kathmandu mit 300 Arbeitern. Er war 24 Jahre alt. „Ich bin bis heute meiner Mutter Ruth und meinem Vater sehr, sehr dankbar, dass er mich an der ganz, ganz langen Leine gelassen hat“, sagt Kath: „Ich glaube, dass ich damals Dinge machen konnte, die mein Vater immer machen wollte, aber nicht gedurft hatte.“ So gab es nie einen Bruch mit Kath senior, auch nicht, als der Sohn seine Lehre im elterlichen Betrieb abbrach. Ganz im Gegenteil: Der Senior ermöglichte Jan Kath später den Sprung ins Gewerbe, als er ihm für den Kauf der Teppich-Werkstatt vorzeitig sein Erbe zur Verfügung stellte. Wenn Jan Kath heute von seinem Vater, der vor zwei Jahren verstarb, spricht, nennt er diesen oft „meinen großen Lehrer“. Mit ebenso großer Hochachtung spricht er von seiner Mutter Ruth, die heute gemeinsam mit Jan und seinem Bruder David der Geschäftsführung des Bochumer Unternehmens angehört. Als nepalesischer Teppich-Produzent orientierte sich Kath zunächst auf die gängigen Muster und Designs. „Wir hatten noch keine eigene Handschrift“, sagt er. Außerdem schien sich Ende der 1990er Jahr die Zeit der Teppiche dem Ende zuzuneigen. „Die Menschen hatten gar kein Interesse an Teppichen“, erinnert sich der 47-Jährige. Also wagte er etwas Neues. 1999 kratzte er für ein Foto-Shooting in der Zeche Zollverein in Essen „die letzten Kröten“ zusammen, investierte 25.000 Mark für den Fotografen und den Katalog und inszenierte seine Teppiche in einer Industrie-Ruine. Das Design seiner Stücke war der Umgebung angepasst. Kath gestaltete sozusagen Teppiche, die vom Stil her in die zerfallenen Hallen der Ruhrgebietszechen passten. Und hatte damit einen Nerv getroffen. „Das Ding ging durch die Decke“, erinnert sich Kath. Seine Kreationen wurden international wahrgenommen. Und zwar nicht nur als Teppiche, sondern auch als Statement in der Kunstwelt. „Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Es war ein bisschen ein Schock für uns. Ein toller Schock“, sagt Kath. Danach habe sich „alle Welt auf uns“ gestürzt. Es war der Anfang einer Erfolgsgeschichte, die bis heute andauert. Die Marke „Jan Kath“ ist ein Synonym für exklusive und hochwertige Teppiche geworden. In Deutschland existieren mittlerweile „Showrooms“ in Berlin, Hamburg, Stuttgart, Köln und München, dazu kommen drei weitere in New York, Vancouver und Toronto. Zudem existiert ein weltweites Händlernetz. In Kürze will sich Jan Kath dem asiatischen Markt mit Schwerpunkt China zuwenden. Die Jan-Kath-Teppiche liegen in den Villen von Prominenten, in arabischen Königshäusern und auf Luxusyachten. Ex-US-Präsident Bill Clinton gehört ebenso zu den Kunden wie Anthony Kiedis von den Red Hot Chilli Peppers. Für die Hochzeit von Fürst Albert II. von Monaco mit Charlène Wittstock wurde 2011 nach dem speziellen Tuft-Verfahren ein 103 Meter langer roter Teppich produziert, der 1,3 Tonnen wog. Kaths Antrieb ist in all den Jahren derselbe geblieben: „Ich will schöne Sachen für tolle Leute machen“, sagt er. Und zu den tollen Leuten gehören nicht nur Stars und Fürsten, ganz im Gegenteil. „Wenn eine Frau Müller von nebenan zu uns kommt und sich einen dieser Teppiche gönnt, finde ich es viel, viel spannender. Viel spannender, als wenn irgendwo auf der Welt jemand mit dem Finger schnippt und sagt; Bring’ mir mal!“, sagt Kath. Da ist sie wieder, die Bodenhaftung. Jan Kath käme wohl niemals auf die Idee abzuheben. Selbst, falls er eines Tages auf die Idee kommen sollte, fliegende Teppiche zu produzieren (Foto: Jan Kath © Jens Greinke).

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